Geboren: 30.12.1889 in Berlin.
Gestorben: 12.04.1956 in New York.
Religion: evangelisch.
Vater: Maximilian Kempner (1854-1927).
Mutter: Fanny Levy (1860-1937).
Geschwister: Emma Kempner (1883-1886), Friedrich Kempner (1892-1981).
Heirat: 15.11.1918 in Berlin-Grunewald mit Margarete von Mendelssohn (1894-1961), Tochter des Bankiers Franz von Mendelssohn.
Kinder: Martha (* 12.08.1919; verh. mit Donald Camfield, Regierungsbeamter), Friedrich (* 02.04.1921, Lehrer), Franziska (* 13.07.1923; verh. mit Edward P. Morris, Universitätsprofessor), Maximilian (* 26.02.1929, Rechtsanwalt).
Von Sebastian Panwitz.
Nachdem er seine Schulbildung von Hauslehrern erhalten und 1908 das Abitur abgelegt hatte,
studierte Paul Kempner in Freiburg i. Br., Heidelberg und Berlin Jura. Es folgte das
Referendariat in Berlin und Marburg. Im I. Weltkrieg aus Gesundheitsgründen vom
aktiven Militärdienst befreit, wurde er als Hilfsarbeiter und Adjutant des
Verwaltungschefs beim "Generalgouverneur" von Belgien in Brüssel eingesetzt
und im Verlaufe des Krieges mit dem Eisernen Kreuz II, dem Großen Silbernen
Ehrenzeichen und dem Verdienstkreuz für Kriegshilfe ausgezeichnet.
Nach der Hochzeit mit Margarethe von Mendelssohn Ende 1918 schied Paul Kempner 1919 als
Gerichtsassessor aus dem Staatsdienst und trat in das Bankhaus seines Schwiegervaters,
Mendelssohn & Co., ein, dessen Teilhaber er am 1. Januar 1922 wurde. Mit
der Teilhaberschaft in Berlin war auch die Position eines persönlich haftenden
Gesellschafters in der niederländischen Filiale, "Mendelssohn & Co. KG a. A.
Amsterdam" verbunden. Ebenfalls 1922 reichte Paul Kempner an der Universität Halle
seine Dissertation ein, die als eine der besten deutschlandweit angesehen wurde.
Kempner erwarb sich schnell allgemeines, selbst internationales Ansehen. Ab 1924 vertrat er
- neben seiner Bankiersarbeit - als Honorargeneralkonsul die Wirtschaftsinteressen der Republik
Österreich in Berlin. Später arbeitete er zudem für das Deutsche Reich im
Finanzausschuß des Völkerbundes. Politisch identifizierte sich Paul Kempner
mit linksliberalen Ideen und wirkte als Vorstandsmitglied in der Deutschen Demokratischen
Partei (DDP) mit. Sein mäzenatisches Engagement zeigte sich unter anderem ein seiner
Tätigkeit als Vorstandsmitglied verschiedener wohltätiger Vereine, darunter des
Kaiser-Friedrich-Museums-Vereins.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 blieben die Kempners und die
Mendelssohn-Bank zunächst noch von den schlimmeren Repressalien des neuen Regimes
verschont. Nach und nach jedoch verschlechterte sich die Situation, nahmen die
Diskriminierungen im Alltag zu. 1938, mit dem "Anschluß", verlor
Kempner sein Amt als österreichischer Generalkonsul, und am 5. Dezember 1938 mußte er
aus der Bank Mendelssohn & Co. ausscheiden, die kurz darauf in Liquidation ging. 1939
emigrierte Paul Kempner mit seiner Familie über England nach New York. Seine
Ausreisebedingungen waren im Vergleich zu denen der meisten anderen Flüchtlinge
recht günstig. Da ihm von der Reichsbank bescheinigt wurde, sehr hilfreich bei
den Verhandlungen über den Transfer ausländischer Kredite zur Deutschen Bank
mitgewirkt zu haben, durfte er persönliche Einrichtungsgegenstände und
50.000 RM ausführen.
Anfang 1939 wurde den ehemaligen Teilhabern von Mendelssohn & Co. bewußt, daß
es in der niederländischen Filiale aufgrund von Spekulationen zu schweren
Unregelmäßigkeiten gekommen war. Sie traten auch aus diesem Institut aus, das
wenige Monate später seine Zahlungen einstellte, nachdem der dortige leitende
Gesellschafter, Fritz Manheimer, Selbstmord begangen hatte. Die - wenn auch nur
indirekte - Mitverantwortung für diesen Skandal war vermutlich der Grund dafür,
daß Kempner in den USA keine Beschäftigung in einer Bank finden konnte. Er
entschloß sich zu einer betriebswirtschaftlichen Weiterbildung, nach deren
Abschluß er zusammen mit zwei anderen Emigranten die Firma Natvar Corp. in Rahway/New
Jersey gründete und leitete, die erfolgreich Isolationsmaterial für Kabel
produzierte.
Paul Kempner bemühte sich seit seiner Ausreise, engstmöglichen Kontakt mit
deutschen Freunden und Verwandten zu halten. 1944 wurde er Schatzmeister des "American
Committee to Aid Survivors of the German Resistance of July 20", nach dem Krieg
verschickte er in großem Umfang Care-Pakete und besuchte Deutschland wiederholt.
Zu der mehrfach diskutierten Wiedereröffnung der Mendelssohn-Bank konnte er sich
jedoch nicht entschließen, nicht zuletzt deshalb, weil seine Frau sich einer
Rückkehr nach Deutschland energisch widersetzte. 1956 starb Paul Kempner im Alter
von 66 Jahren in New York.