Geboren: 13.12.1846 in Berlin (evangelische Taufe: 07.02.1847).
Gestorben: 24.12.1909 in Dresden
(Grab).
Religion: evangelisch.
Vater: Paul Mendelssohn-Bartholdy (1812-1874).
Mutter: Albertine Heine (1814-1879).
Geschwister: Pauline (1844-1863), Katharine (1846-1906), Gotthold (1848-1903), Fanny (1851-1924).
Heirat: 23.01.1875 mit Marie Warschauer (1855-1906), Tochter des Bankiers Robert Warschauer (1816-1884) und der Marie Mendelssohn (1822-1891).
Kinder: Paul (1875-1935; Bankier), Käthe (1876-1943; verh. mit dem Regierungsrat Felix Wach), Charlotte (1878-1961; verh. mit dem schwedischem Kabinettskammerherr Erich Hallin), Enole (1879-1941; verh. mit Albert von Schwerin), Marie (1881-1970; verh. mit dem Landrat Felix Busch), Alexander (1889-1919; Gutsbesitzer).
Von Miriam Stachat.
Ernst Mendelssohn-Bartholdy wuchs mit seinen Geschwistern und, seit 1853, zwei verwaisten
Cousins auf. Er erhielt ohne Zweifel eine exzellente Ausbildung und Förderung, wie sie
die bürgerliche Elite, ganz besonders aber die jüdische bzw. jüdisch
geprägte Oberschicht, ihren Kindern zuteil werden ließ. Im Winter 1863/64 machte
Ernst Mendelssohn-Bartholdy sein Abitur. Es folgten Ausbildungszeiten an der Berliner
Universität und im Ausland. Im Sommer 1869 überquerte er als Erster der Mendelssohns
den Atlantik zu einer dreieinhalb Monate langen Reise durch die USA. Danach trat er in die
Bank seines Vaters, Mendelssohn & Co., ein. Nach dem Tod des Vaters wurde Ernst
Mendelssohn-Bartholdy, seit 1871 bereits Teilhaber, gemeinsam mit Franz von Mendelssohn am
1. Januar 1875 Chef des Bankhauses. Im selben Jahr heiratete er seine Cousine, die
Privatbankierstochter Marie Alexandrine Warschauer.
Unter der Führung Ernst Mendelssohn-Bartholdys und Franz von Mendelssohns gelang
Mendelssohn & Co. der Aufstieg an die Spitze der deutschen Privatbanken.
Neben dem Vorsitz der Bank war Ernst Mendelssohn-Bartholdy lediglich Mitglied des
Zentralausschusses der Reichsbank und Aufsichtsratsvorsitzender des Berliner Cassen-Vereins
und gehörte nicht, wie oft üblich, unzähligen Aufsichtsräten an. 1887
wurde er von seinen Berufsgenossen zum Ältesten der Berliner Korporation der
Kaufmannschaft gewählt. Mit einem Jahreseinkommen von ca. 2,9 Millionen Mark war Ernst (von)
Mendelssohn-Bartholdy im Jahre 1908 der höchstbesteuerte, d.h. der reichste Bürger
Berlins. In Preußen stand er mit einem Vermögen von rund 43 Millionen Mark in der
Liste der Millionäre an siebzehnter Stelle. Neben einem Wohnhaus in der
Jägerstraße besaß Mendelssohn-Bartholdy seit 1892 das Rittergut
Börnicke bei Bernau, nordöstlich Berlins.
Seine geschäftlichen Erfolge, die herausragende Stellung seines Bankhauses und seine
exzellenten Verbindungen ermöglichten ihm den Zugang in die höchsten Kreise der
Gesellschaft. Er besaß zahlreiche politische Kontakte, so zum deutschen Reichskanzler
von Bismarck, zu Ministern und hohen Beamten, sowie zu russischen Hof- und Finanzkreisen.
Sie ermöglichten es ihm, die persönliche Bekanntschaft des deutschen Kaisers zu
machen. Er zählte spätestens seit 1904 zu den sogenannten "Kaiserjuden",
die bei Hof als wertvolle, kompetente Berater in ökonomischen und politischen Fragen
geschätzt wurden. Der national und monarchisch gesinnte Konservative brachte Wilhelm
II. große Hochschätzung entgegen, ihm widmete er auch seine wertvollsten
Stiftungen, die der Musikautographensammlung seines Vaters und die Villa Falconieri
in Frascati bei Rom. Darüber hinaus war Mendelssohn-Bartholdy umfangreich für
künstlerische, soziale und wissenschaftliche Zwecke mäzenatisch tätig, so
beispielsweise für die Berliner Museen, aber auch für einzelne Künstler,
für Gesundheits- und Erziehungseinrichtungen, zur Armenunterstützung und der
Förderung geographischer Studien.
Bereits mit zahlreichen in- und ausländischen Orden ausgezeichnet (siehe Liste der
Orden, Titel und Rangerhöhungen),
wurde er 1896
für seine Verdienste von Wilhelm II. in den Adelsstand erhoben. In seinem Antrag auf
die Nobilitierung verwies Ernst Mendelssohn-Bartholdy ausschließlich auf die
bedeutende Rolle seiner Familie und auf die bereits erfolgte Nobilitierung Franz von
Mendelssohns. Den Glauben an die gesellschaftlich integrative Wirkung der Nobilitierung
wurde aber selbst innerhalb der Familie als illusorisch angesehen, sie könne
"niemals glücken, wenn der Familienname ein jüdischer ist...",
wie Albrecht Mendelssohn Bartholdy dazu bemerkte. Aus den zeitgenössischen Quellen
wird deutlich, daß Ernst von Mendelssohn-Bartholdy, der äußerst angesehene
Bankier, Berater und Stifter, nach wie vor antijüdischen Ressentiments ausgesetzt war
und trotz der erfolgten Integration seiner Familie in die christlich-deutsche Gesellschaft,
besonders aufgrund seines Namens als Jude wahrgenommen wurde.
1902 wurde Ernst von Mendelssohn-Bartholdy von Wilhelm II. mit der lebenslänglichen
Mitgliedschaft im Preußischen Herrenhaus ausgezeichnet. Außerdem war er
Dänischer Generalkonsul (1892-1902), Geheimer Kommerzienrat (seit 1893) und
Wirklicher Geheimer mit dem Prädikat Exzellenz (seit 1807). Das Bild der
Persönlichkeit Ernst von Mendelssohn-Bartholdys ist nur in sehr wenigen
Bruchstücken überliefert. Carl Fürstenberg nannte ihn in seinen
Lebenserinnerungen einen "vornehm denkenden Menschen", der die
Freundschaft niemals durch geschäftliche Differenzen beeinträchtigen
ließ.
Ernst von Mendelssohn-Bartholdy starb im Dezember 1909 im Alter von 63 Jahren und wurde
neben seiner bereits 1906 verstorbenen Frau an der Dorfkirche in Börnicke
beigesetzt.