Arnold Mendelssohn
Lebensdaten
Geboren: 19.11.1817 in Neiße/Schlesien.
Gestorben: April oder Mai 1854 nahe Bayazid (Südkaukasus, an der
türkisch-persischen Grenze).
Religion: protestantisch (Taufe 07.12.1817), Konversion zum katholischen Glauben:
08.12.1851.
Vater: Nathan Mendelssohn (1781-1852).
Mutter: Henriette Itzig/Hitzig (1781-1845).
Geschwister: Ernst Carl Hugo (1811-vor 1819),
Ottilie Ernestine Franziska (1819-1848),
August Joseph Elias Wilhelm (1821-1866)
und sechs weitere, früh gestorbene Kinder.
Ledig, ohne Kinder.
Kurzbiographie
Von Ilse Rabien.
Arnold Maximilian Albrecht Mendelssohn verbrachte seine Kindheit und Jugend
in Schlesien: zunächst in
Neiße, dann etwa von 1822 bis 1829/30 in Bad Reinerz, später in Glatz und
etwa von 1834-1836 in Liegnitz. In Berlin legte er 1837 am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium
Abitur ab. Ab 1838 studierte er zunächst in Bonn, dann in Berlin Medizin, wo er am
16. November 1841 mit einer Dissertation "De Porrigine Lupinosa" promoviert
wurde. Bei seinem Studium wurde er von seinem Onkel, dem Bankier Joseph Mendelssohn,
finanziell unterstützt.
Nach dem Studium arbeitete er als stellvertretender Armenarzt im Vogtland,
der Webersiedlung im Norden Berlins, nahe dem Rosenthaler Platz. In dieser Zeit
befaßte er sich intensiv mit sozialen Fragen und studierte zusätzlich Philosophie.
Er galt als einer der "geist- und hoffnungsvollsten Schüler" des
Physiologen Johannes Müller.
1844 lernte er Ferdinand Lassalle kennen. Diese Beziehung veränderte
sein Leben, verwickelte ihn 1846 in die berüchtigte
Kassettenaffäre
und vernichtete seine Zukunft. Im Februar 1848 wurde Arnold Mendelssohn vor den
Assisen in Köln zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt; im Juni 1849, nach Vermittlung
Alexander von Humboldts, eines Freundes der Familie, folgte die Begnadigung und
Ausweisung aus Deutschland.
Über Österreich-Ungarn ging er nach Konstantinopel, dann führte er ein unstetes
Wanderleben als Arzt im vorderen Orient. Im Oktober 1851 gründete er zusammen
mit dem französischen Konsulatskanzler und einem italienischen Priester ein Krankenhaus, das
heute noch bestehende Katholdische St. Ludwigs-Hospital in Jerusalem. Am
8. Dezember 1851 konvertierte er zum Katholizismus.
Im Juli 1852 befand er sich in Rom, Ende 1852 in Tripolis. Schließlich wurde er
türkischer Militärarzt und Privatsekretär des ungarisch-türkischen
Generals Richard Guyon (Churchid Pascha).
Aus dem türkischen Feldlager korrespondierte er mit der Kölnischen Zeitung und
mit der Times. Arnold Mendelssohn starb im April oder Mai 1854 an Typhus.
Veröffentlichungen
- De Porrigine Lupinosa; Diss. med. Univ. Berlin 1841.
- Drei Briefe aus dem Gefängnis. 1) Zuerst Republik oder zuvor Sozialismus. 2) Der
Tausch der Arbeit. 3) Die Tauschbank; in: Spartakus. Beilage zur Neuen Bonner
Zeitung, Nr. 10f., 17f. und 23, Jg. 1849.
- Der Mechanismus der Respiration und Cirkulation, oder das explicirte Wesen der
Lungenhyperaemien. Eine physiologisch-pathologische Untersuchung; Berlin 1854.
- Levantische Briefe; in: Kölnische Zeitung 1854.
- Verschiedene Artikel in der Times, Jg. 1853f.
ungedruckte Quellen
- Kinkelarchiv, Universitätsbibliothek Bonn: Zwei Briefe aus dem Gefängnis von
Arnold Mendelssohn an Gottfried Kinkel 1849.
- LBI New York - Mendelssohn
family collection: Brief Arnold Mendelssohns an Nathan Mendelssohn.
- Mendelssohn-Archiv, Staatsbibliothek Berlin: Briefe von Arnold Mendelssohn an Nathan
Mendelssohn, Wilhelm Mendelssohn, Elisabeth Caroline Itzig geb. Nobiling, Ernst Kummer;
von Wilhelm Mendelssohn an Ernst Kummer; von Alexander von Humboldt an
Nathan Mendelssohn.
- Privatarchiv Emil Cauer, Hochstetten-Dhaun: Briefwechsel Eduard Cauer mit Ernst
Kummer, Wilhelm Mendelssohn und Louise Mendelssohn, geb. Cauer.
gedruckte Quellen
- Die Criminal-Procedur gegen den Med.-Dr. Mendelssohn; in: Kölnische Zeitung,
Jg. 1848, Beilage Nr. 44 und 45 (12.-14.02.).
- Lassalle, Arnold Mendelssohn und Joseph Mendelssohn. Ein Briefwechsel, hg. v.
Alexander Bein; in: Jahrbuch für
jüdische Geschichte und Literatur, Jg. 29 (1931), S. 56-98.
- Lassalle, Ferdinand: Nachgelassene Briefe und Schriften, Bd. 1-6, hg. v. Gustav Meyer;
Stuttgart/Berlin 1921-1925.
Literatur
- Klein, Hans-Günter: "Hunde waren nicht gegenwärtig". Wie sich
Alexander von Humboldt für einen Enkel Moses Mendelssohns einsetzte; in:
Mitteilungen der Staatsbibliothek zu Berlin N. F. 2 (1993), S. 145-151.
BER 1: HA 2 Tm 57 (Zsn 103 149)
-
Löwenberg, Julius: Ein fast vergessener Sohn Moses Mendelssohns; in: Vossische
Zeitung 1883, Nr. 40, Sonntagsbeilage, S. 3f. (07.10.1883).
-
Noska, Egon: Ein zu Unrecht Vergessener; in: Allgemeine Zeitung des Judentums, Jg. 78,
Nr. 24 (12.06.1914), S. 282-284.
- Rabien, Ilse: Die Mendelssohns in Bad Reinerz. Zur Familie Nathan Mendelssohns; in:
Mendelssohn-Studien 7 (1990), S. 153-170.
BER 1a: Zsn 70435
- Rabien, Ilse: Arnold und Wilhelm Mendelssohn. Zur Biographie zweier bemerkenswerter
Brüder; in: Mendelssohn-Studien 7 (1990), S. 295-328.
BER 1a: Zsn 70435
- Rabien, Ilse: Dr. med. Arnold Mendelssohn und seine "Levantischen Briefe";
in: Mendelssohn-Studien 13 (2003), S. 177-219.
BER 1a: Zsn 70435
- Schwake, Norbert: Die Entwicklung des Krankenhauswesens der Stadt Jerusalem
vom Ende des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Teil 1 und 2 (= Studien zur
Geschichte des Krankenhauswesens, Bd. 8; zugl. Diss. TH Aachen 1983); Herzogenrath:
Murken-Altrogge 1983, vor allem S. 127-158.
BER 1a: Ser. 28367-8